Wien ist längst nicht mehr (rein) katholisch

Pelinka-Kolumne-Wien

© Bild: NEWS/Herrgott Ricardo

Nur knapp über 40 Prozent der Wiener sind Katholiken, 30 Prozent haben kein religiöses Bekenntnis, mehr als 10 Prozent sind Moslems.
Ich bin in einem Wien aufgewachsen, das ziemlich katholisch war. Nicht ganz so wie die anderen Bundesländer, auch nicht voll praktizierender Gläubiger, die jeden Sonntag brav in die Kirche gingen, aber immerhin: mehr als 80 Prozent der Wiener bekannten sich offiziell zur römisch-katholischen Kirche. Heute hat sich deren Anteil halbiert. Die zweitgrößte Gruppe sind Menschen ohne religiöses Bekenntnis, fast schon ein Drittel. Und dahinter kommen – noch vor den Protestanten – Moslems (11,6) und serbisch-Orthodoxe (8,4 Prozent).

Ein unumkehrbarer Trend.
Für diesen unumkehrbaren Trend gibt es mehrere Gründe, Zuerst die Migration: ein Drittel der heutigen Wiener wurde im Ausland geboren, nichts Neues übrigens: das war schon so zu Beginn des vorigen Jahrhunderts. Vor allem Teile dieses Drittels brachten „ihre“ Mehrheitsreligion aus der Türkei oder Ex-Jugoslawien mit. Für die Zunahme der Nicht-Gläubigen (binnen 40 Jahren verdreifacht) sind andere Motive zuständig: immer mehr Menschen wollen sich von keiner Kirche etwas vorschreiben lassen, auch wenn davon etliche an ein höheres Prinzip (Wesen/Gott) glauben. Dazu kommen noch spezielle Fehler der Amtskirche: auch die kluge Diplomatie Kardinal Schönborns hat die Erinnerung an das Schreckensduo Groer/Krenn noch nicht ganz verdrängt. Und auch der erfrischende Stil des neuen Papstes hat bestehende Mängel (Behandlung von Frauen und Wiederverheirateten, lebensferne Sexualmoral, Zölibat) noch nicht repariert.

Sonderfall Moslems
Einen Sonderfall stellen in den Augen vieler die Moslems dar, seit 1912 in Österreich als Religionsgemeinschaft anerkannt. Auch sie leiden unter dem Terror, der im Namen ihrer Religion derzeit verbrochen wird. Mit Recht verlangt man von ihren Vertretern, mittelalterlichen Fundamentalisten keinen Raum zu lassen. Mit Recht verlangen aber auch sie, tolerant behandelt zu werden. Wer Moslems generell verdächtigt, nutzt nur den Extremisten.